Frage 1: Warum ist der Balkonanschluss überhaupt so eine problematische Stelle?
Patricia Sulzbach: Auskragungen wie Balkone sind eine der kritischen Wärmebrücken am Haus und daher mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Bei ungedämmten auskragenden Bauteilen wie beispielsweise Stahlbetonbalkonen oder Stahlträgern ergibt das Zusammenwirken des Kühlrippeneffekts der Auskragung (geometrische Wärmebrücke) sowie der Durchdringung der Wärmedämmebene mit Stahlbeton oder Stahl (materialbedingte Wärmebrücke) einen starken Wärmeabfluss. Die Folge ungedämmter Auskragungen können, im Vergleich zur gedämmten Ausführung, um das 5-fache erhöhte Wärmeverluste und eine signifikante Absenkung der Oberflächentemperatur (von 5 bis 10°C) sein. Dies führt zu deutlich erhöhten Heizkosten. Im Anschlussbereich der Auskragung entsteht das Risiko für Schimmelpilzbildung. Weitere Folgen sind die Gefahr von Tauwasserausfall und eine Schädigung der Bausubstanz.
Frage 2: Welche Möglichkeiten haben Hausbesitzer, die Wärmebrücke am Balkonanschluss zu beseitigen?
Patricia Sulzbach: Im Falle einer Sanierung ist es vor allem zu beachten, dass die Mindestanforderungen an die Innenoberflächentemperaturen erreicht werden müssen, um Schimmelpilzbildung und Tauwasserausfall zu verhindern. Dazu muss der Energieverlust durch den Balkonanschluss reduziert werden. Hierfür bestehen mehrere Möglichkeiten. Der Balkon kann von oben und unten mit Dämmung "eingepackt" werden. Diese Methode birgt zum einen das Problem, dass die Balkonplatte nach oben zu dick wird, da das Niveau der Balkontür nicht überschritten werden kann. Zum anderen gehört die Balkonplatte somit zum beheizten Gebäudevolumen und damit muss Energie für die Beheizung der Balkonplatte aufgebracht werden. Schneidet man die Balkonplatte dagegen ab, ergeben sich die Möglichkeiten, eine Konstruktion komplett vorzuständern oder einen neuen Balkon mit einem tragenden Wärmedämmelement anzuschließen. Während die erste Variante besonders im städtischen Raum aus Platzgründen häufig nicht umsetzbar ist, kann mit einem tragenden Wärmedämmelement wie dem Schöck Isokorb® R bei Bestandsgebäuden auch ein frei auskragender Balkon thermisch getrennt werden. Dabei wird der Bestandsbalkon abgeschnitten und durch den thermisch getrennten Anschluss ersetzt. Hierfür wird von außen in die Bestandsdecke eingebohrt, der Isokorb befestigt und der neue Balkon angeschlossen. Die Oberflächentemperatur steigt, das Risiko der Schimmelpilzbildung wird reduziert und ein Balkonanschluss gewährleistet, der wärmedämmtechnisch dem eines Neubaus entspricht.
Frage 3: Was für einen Handwerksbetrieb spricht man für eine Balkonsanierung am besten an?
Patricia Sulzbach: Für eine Balkonsanierung sind speziell ausgebildete Unternehmen zu empfehlen. Dabei kommt die Qualifikation ganz auf die Ausführungsart des Balkonanschlusses an. Fällt die Entscheidung bei einer Betondecke, den Bestandsbalkon abzuschneiden, so kann ein neuer Balkon von außen in der Decke befestigt werden. Dafür ist die Ausführung durch einen Hilti-zertifizierten Betrieb erforderlich. Ist die Anwendung dieses Systems aus statischen Gründen nicht möglich, kann auch die Öffnung der Bestandsdecke und das Einbringen einer tragenden Wärmedämmkonstruktion erfolgen. Für eine genauere Planung ist dann ein Statiker hinzuzuziehen.
Frage 4: Wenn ich mich für eine Fassadendämmung entscheide, sollte die Wärmebrücke am Balkon damit doch automatisch verschwinden oder ist das dann immer noch ein Thema?
Patricia Sulzbach: Häufiges Problem bei Sanierungen ist, dass Fenster und Fassade energetisch verbessert, aber die Wärmebrücken vernachlässigt werden. Dies ist besonders für Balkonanschlüsse von Bedeutung, da diese an sanierte Fenster und Türen angrenzen. Auch wenn durch einen ungedämmten Balkon im Altbau bisher keine Bauschäden (Schimmelbildung) aufgetreten sind, ist es notwendig, diesen im Zuge einer energetischen Sanierung thermisch zu trennen. Da durch eine energetische Sanierung Luftfeuchtigkeit und Oberflächentemperaturen beeinflusst werden, kommt es bei einer teilweisen energetischen Sanierung daher durch verbleibende Wärmebrücken oft zu Bauschäden.
Ursache ist, dass bei einer energetischen Sanierung die Dichtheit der Gebäudehülle verbessert wird. Dadurch steigt die Luftfeuchtigkeit im Gebäude, die durch den normalen Gebrauch verursacht wird (z.B. Duschen oder Kochen). Das im Altbau herrschende Gleichgewicht zwischen relativ niedriger Luftfeuchte und niedriger Oberflächentemperatur wird dadurch verschoben. Bei steigender Luftfeuchtigkeit muss nun auch die Oberflächentemperatur angehoben werden, um Tauwasserausfall zu vermeiden. An sanierten Fenstern und Wände sind die Oberflächentemperaturen nun hoch. Da im Bereich eines ungedämmten Balkons die Oberflächentemperatur aber niedrig bleibt, kann sich an der kalten Oberfläche nun Kondenswasser bilden. Das Risiko der Schimmelpilzbildung steigt. Bei einer vollständigen energetischen Sanierung, bei der auch der Balkon thermisch getrennt wird, steigt die Oberflächentemperatur innenseitig. Hierdurch befindet sich das komplette Bauteil in einem thermisch unkritischen Bereich.
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